von Daniel Preis, Tenor
You can HÄNDEL it!
Ein cooler Spruch, der auf meinem T-Shirt steht. Er lässt sich gut auf das übertragen, worüber ich in diesem Beitrag schreiben möchte. Es soll um die Aufnahmeprüfung an Musikhochschulen gehen, speziell im Fach Gesang.
Mein Name ist Daniel Preis, meine Stimmlage ist Tenor und im Sommer 2020 habe ich mein Masterstudium Operngesang an der HMTM Hannover abgeschlossen. Ihr könnt das auch!
Wenn ich mich an die vergangenen Jahre erinnere, muss ich zugeben, dass ich nach meinem Abitur eher ratlos war. Mit heutigem Wissen, würde ich ein Gap-Year einlegen, um mir bewusst zu werden was ich wirklich will. Damals begann ich direkt mit einem Studium in Deutsch und Geschichte auf Lehramt, allerdings vorwiegend motiviert von meinen Eltern und der Aussicht auf Urlaub, Geld und Beamtendasein. Relativ schnell wurde mir nach den ersten Semestern allerdings klar, dass dieses Studium nicht zu hundert Prozent zu mir passt.
Ich singe gerne, seit ich denken kann, und hatte immer den Drang, auf der Bühne zu stehen. In unserem Dorfchor durfte ich Solopassagen übernehmen und damit regional schon viele Erfahrungen sammeln. Klavierstunden erhielt ich mit Beginn der 1. Schulklasse, später kam klassischer Gesangsunterricht dazu. Da ich während meiner Schulzeit eher dürftigen Musikunterricht erhalten habe, fehlte mir die Basis in Gehörbildung, Musikgeschichte und Theorie.
Deshalb wäre mein erster Tipp, dich schon früh mit Musiktheorie auseinanderzusetzen. Wenn man mit Gesangs- oder Instrumentalunterricht beginnt, ist es sicher ratsam, sich gleichzeitig mit Rhythmuslehre oder Gehörbildung auseinanderzusetzen. Ich bin mir sicher, dass ich diese Dinge als Kind hätte spielend lernen können.
Also sind gute Kenntnisse im Fach Klavier oder anderen Instrumenten von Vorteil, aber auch kein Ausschlusskriterium, wenn du eine tolle, entwicklungsfähige Stimme hast.
Sehr hilfreich waren für mich in dieser Zeit Personen, die Musik studiert hatten und bereits im Beruf tätig waren. So hatte ich Kontakt mit dem ehemaligen Musikschulleiter in Donaueschingen, aber auch mit Sängern, die schon eine Bühnenkarriere gestartet hatten, in einem Berufschor sangen oder an einer Musikschule unterrichteten. Diese in den verschiedensten Bereichen tätigen Musiker konnten mir viel über das Studium erzählen, aber auch, was es bedeutet, Sänger zu sein. Es war wichtig für mich, von Anfang an zu wissen, worauf ich mich einlasse. Selbst wenn es wunderbar ist, auf der Bühne zu stehen und seiner Leidenschaft nachzugehen, ist es genauso wichtig zu wissen, welche negative Seiten dieser Job mit sich bringen kann. Es ist also sehr wichtig, sich vor einem Gesangsstudium genau darüber zu informieren, wie der künftige Job ablaufen wird, wie die Berufsaussichten sind, und auch Dinge wie Gehalt, Verdienstmöglichkeiten, Altersvorsorge, Familiengründung etc. in der Entscheidungsfindung nicht außen vor zu lassen.
Grundsätzlich, und ich rede nun von der Vorbereitungszeit auf das Studium, ist es wichtig, einen Lehrer zu haben, dem man vertraut und mit dem man sich gut weiterentwickelt.
Zusätzlich von Vorteil ist es, wenn dieser Lehrer gut vernetzt ist und Professoren an verschiedenen Hochschulen kennt. Das macht es einfacher, mit Lehrern an der Hochschule in Kontakt zu treten. Sollte dies nicht der Fall sein, gilt es, dich selbst zu informieren und die Personen einfach per Mail anzuschreiben. Am besten schickst du deinen musikalischen Lebenslauf, ein Foto und gerne auch eine Repertoireliste mit. Ziel ist es, zu einem informativen Vorsingen bei dem/der Professor_in deiner Wahl eingeladen zu werden. Man kann des Weiteren öffentliche Konzerte an den Hochschulen besuchen und sich so ein Bild von den verschiedenen Gesangsstudenten einer Gesangsklasse machen.
Aktuell werden zum Teil sogar Klassenabende einzelner Professoren gestreamt. So hat man auch online die gleiche Chance.
Ich würde auch dazu raten, ein angemessenes Programm einzustudieren. Man sollte sich bei den Stücken wohlfühlen und wissen, dass man seine stimmlichen Vorzüge gut zur Geltung bringen kann. Nichts ist wichtiger als der erste Eindruck. Es ist wie schon erwähnt sicherlich ein Vorteil, wenn man vor dem offiziellen Vorsingen an einer Hochschule (Aufnahmeprüfung) schon Kontakt zu einem/einer Professor_in hat.
Außerdem habe ich 3 verschiedenen Lehrenden der Hochschule für Musik Theater und Medien in Hannover die Frage gestellt, welche Tipps sie jungen Menschen an die Hand geben würden, die sich auf eine Aufnahmeprüfung vorbereiten und den Wunsch haben, Sänger zu werden. Worauf kommt es also für sie an?
Prof. Dr. Peter Anton Ling:
Für ihn ist es besonders wichtig, dass man sich im Vorfeld bei einem, evtl. zwei verschiedenen Professoren vorstellt.
Prof. Marina Sandel:
Prof. Dr. habil. Marek Rzepka:
Ich danke den Lehrenden für die offenen und ehrlichen Worte. Ich denke, dass es sehr hilfreich ist, zu wissen, worauf es aus ihrer Sicht ankommt.
Sicher ist auch gut, wenn man authentisch bleibt, sich nicht verstellt und versucht, sein Bestes zu geben. Niederlagen und Selbstzweifel können Wegbegleiter sein, von denen man sich nicht unterkriegen lassen darf. Was einer Person gar nicht gefällt, kann genau das sein, was eine andere sucht. In diesem Beruf gilt es, sich immer weiter zu entwickeln, man ist ständiger Konkurrenz ausgesetzt und man wird definitiv Krisen in den verschiedensten Formen durchlaufen.
Lasst Euch also nicht unterkriegen, glaubt an euch und verliert nie den Spaß an der ganzen Sache!
von Julia Förster-Oetter, musikbegeisterte Goldschmiedin
Die Idee:Durch einen Zufall kam der Kontakt von Chorchester und mir zustande. Es entstand die Idee einer Kooperation und in zahlreichen Telefonaten entwickelten wir dann gemeinsam die Idee eines Schmuckstücks. Grundlage war ein Stück meiner Kollektion und heraus kam ein Anhänger, der die Goldschmiedekunst und die Kunst der großen Komponisten in sich vereint.
„Meister hinter Glas“
Das Schmuckstück:
Was man gerne hat, will man bei sich tragen. Wer kennt das nicht. Aus diesem Gedanken heraus habe ich in meiner Kollektion einen Anhänger, in den ich Kundenbilder (z.B. der Enkelkinder) einlege. Dieser ist nun Grundlage für die Schmuckkollektion von Chorchester.
Die großen Meister ihres Faches, Mozart, Bach und Beethoven liefern die musikalische Füllung für den Anhänger. Hinter Glas und von 925er Sterlingsilber gefasst können Sie nun ein paar Noten dieser Komponisten bei sich tragen.
Als Glücksbringer für wichtige Vorspiele und Konzerte oder einfach, um immer etwas Musik bei sich zu haben.
Die Arbeit:
Zunächst säge ich mit meiner Goldschmiedesäge die sogenannten Angüsse an den Rohteilen ab. Über diese Angüsse läuft das flüssige Silber in die eigentliche Form und auch im Anguss erstarrt das Silber und muss vor den weiteren Arbeitsschritten abgetrennt werden.
Mein nächstes Werkzeug ist die Feile. Mit ihr verschwinden dann die letzten Reste vom Anguss und auch eventuelle Ungenauigkeiten der Gussform können damit ausgeglichen werden.
Anschließend muss die Oberfläche des Anhängers gleichmäßig mattiert werden. Dafür ist Schmirgelleinen hervorragend geeignet. Hierbei ist mir eine gleichmäßige Ungleichmäßigkeit wichtig. Vielleicht vergleichbar mit der wohltemperierten Stimmung?
Was nicht schon beim Feilen und Schmirgeln vorgearbeitet ist, kann ich dann auch beim Polieren am Poliermotor nicht mehr richten. Dieser letzte Arbeitsschritt dient nur noch der Optik, um der Oberfläche den typischen matt-silbrigen Glanz zu verleihen.
Das Schmuckstück ist nun bereit, um in meinen galvanischen Bädern einen „Schutzmantel“ zu bekommen. Nach dem elektro-chemischen Entfetten badet jeder Anhänger in einem Silberbad. In diesem Bad wandern einige Silberionen zusätzlich auf das Werkstück, um dieses vor dem „Anlaufen“, der typischen Schwarzfärbung von Silber, zu schützen.
Der Silberteil des Anhängers ist nun fertig und ich kann mich den Noten widmen. Es ist gar nicht so einfach die richtige Stelle in der Partitur zu finden. Es sollen schließlich Noten und nicht nur Linien zu sehen sein. Einfacher wäre es natürlich, immer die gleiche Notenfolge zu kopieren und vielfach auszudrucken, aber wir haben uns dazu entschieden, nur echte alte Noten zu verwenden. Aus diesem Grund ist jeder Anhänger ein absolutes Unikat.
Die Wahl des richtigen Klebers ist sehr wichtig. Viele Produkte enthalten Lösungsmittel, die das empfindliche, alte Papier angreifen. Der Kleber muss also auf der einen Seite eine dauerhafte Verbindung aller Teile sicherstellen und auf der anderen Seite die Optik der alten Noten bewahren. Die Cabochons kleben nun auf dem Notenpapier und nach der Abbindezeit des Klebers kann ich mich ans Ausschneiden machen. Je zwei dieser Noten-Cabochons werden nun mit dem Silberteil verklebt und bilden so den fertigen Anhänger.
Nach einem weiteren Tag trocknen kann ich das Lederband anbringen und den Anhänger sicher in Seidenpapier verpacken. In einer kleinen Schmuckbehausung, zusammen mit einem passenden Zitat, findet dann das Schmuckstück den Weg zu Ihnen.
Ihr persönliches Unikat, Ihr „Meister hinter Glas“!
Hier geht's zum Schmuckstück:
https://www.chorchester.com/collections/musiker-schmuck/products/noten-silbermedaillon
Über mich:
Schon als ich noch in den Kinderschuhen gesteckt habe, war ich fasziniert von der Welt, die Richard Wagner in seinen Opern geschaffen hatte. Als Zwerg, im wahrsten Sinne des Wortes, durfte ich in der Oper Rheingold bereits im Festspielhaus auf der Bühne stehen und mit einem Hammer edles Metall bearbeiten.
Dem Handwerk bin ich dann auch bei der Berufswahl treu geblieben.
Ich bin gelernte Goldschmiedin.
Nach der Ausbildung habe ich zwischen den Jahren 1999 bis 2002 Fortbildungen, im Rahmen eines Stipendiums der Handwerkskammer, in verschiedenen Bereichen des Goldschmiedehandwerks absolviert.
2010 habe ich dann an einem Seminar über die handwerkliche Fertigung von Glasperlen teilgenommen.
Im Jahr 2011 war es so weit und ich eröffnete mein eigenes Goldschmiedeatelier, das unter dem großen Motto steht:
Im Jahr 2013 habe ich den Designpreis des oberfränkischen Handwerks in der Kategorie “Produktgestaltung“ verliehen bekommen und dann 2015 den Designpreis des oberfränkischen Handwerks in der Kategorie “Innovative Geschäftsidee“.
Seit Eröffnung des Ateliers habe ich jedes Jahr ein Schmuckstück zur jährlichen Neuinszenierung der Bayreuther Festspiele entworfen.
Große Aufregung in meinem Atelier herrschte dann im Sommer 2017. Ich durfte im Studio von „SKY“ auf dem Grünen Hügel am Eröffnungstag live in den Pausen der „Meistersinger von Nürnberg“ arbeiten und mein Handwerk vorstellen. Zuvor war ein Team des Senders bei mir im Atelier und es wurde ein toller Imagefilm gedreht, der ebenfalls in der Pause der Oper ausgestrahlt wurde.
Musik und das Atelier gehören in einer faszinierenden Art und Weise zusammen. So vielseitig wie die Welt der Musik ist auch meine Arbeit als Goldschmiedin hier in der Wagnerstadt Bayreuth.
Kontaktdaten:
Atelier Förster-Oetter
Hinter der Kirche 9
95448 Bayreuth
Telefon: 0921 / 1501955
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Teil 2 unserer Serie mit Tenor Maximilian Vogler
Der Atem haucht unserem Körper buchstäblich Leben ein. Normalerweise geschieht das aber eher unbewusst. Anders beim Singen! Wir Sänger lernen unseren Atem besser kennen, als die meisten anderen Menschen – selbst Blasinstrumentalisten und Sportler benutzen ihre Atmung nicht so vielseitig und vor allem nicht so genau. Der Anteil, den eine gute Atmung und Atemunterstützung am guten Singen tatsächlich haben, ist viel größer als die meisten Sänger annehmen und deshalb lohnt es sich immer, die Atmung im Einsingen aufzuwärmen und zu trainieren.
Viele Chorsänger atmen „zu hoch“, pumpen den Brustkorb mit Luft voll und verlieren so den Zugang zum Zwerchfell und Becken. Auch wird häufig zu verschwenderisch mit der Ausatmung (also dem eigentlichen Singen) umgegangen. Oft reicht ein Bruchteil der Luft, wenn es dem Sänger gelingt, einen gebündelten, gleichmäßigen Luftstrom zu produzieren.
Die Bewegung des Zwerchfells können wir zwar nicht bewusst steuern, das Senken (Einatmen) und Heben (Ausatmen) des Zwerchfells lassen sich aber provozieren. Bekannt ist das wiederholte Aussprechen von explosiven Konsonanten – also k, p, t – die alle eine Bewegung des Zwerchfells erzeugen. Eine verbreitete Übung zur kontrollierten Ausatmung ist das dosierte Exhalieren auf s oder f. Häufig jedoch wird trotz langer Ausatmung die Atemunterstützung (die Stütze) vernachlässigt.
Was aber ist eigentlich die Stütze?
Die Atemunterstützung
Die Atemstütze ist für ein gesundes Singen unerlässlich und zum großen Teil mitverantwortlich für Tonschönheit, Klangfarbe, Gleichmäßigkeit des Tons, Volumen, Entlastung des Kehlkopfes etc. Sich mit diesem Teil des Gesangsapparats auseinanderzusetzen mag manchmal besonders schwierig erscheinen, ist jedoch auch besonders lohnend!
Der irreführende Begriff Stütze hat mit etwas Statischem, Festem eigentlich überhaupt nichts zu tun. Zur leichteren Verständlichkeit bleibe ich im Folgenden jedoch bei dieser Bezeichnung.
Die Stütze ist die gesteuerte Atemtechnik, also die bewusst dosierte Ein- und Ausatmung beim Singen. Sie ist ein technisches Hilfsmittel, das dem Sänger jederzeit helfen sollte, eine Phrase so zu singen und gestalten, wie es seiner Vorstellung entspricht. Um eine flexible Stimme zu gewährleisten, muss also auch die Stütze flexibel sein, denn sie muss in jedem Bruchteil jeder Sekunde richtig arbeiten und eben unterstützen können.
Dem Studium der Stütze könnte man einen ganzen Artikel widmen, weshalb ich mich im Folgenden nur auf ein paar Übungen konzentrieren möchte, die der Wahrnehmung von Stütze sowie dem Training derselben dienen sollen.
Übung 1 – Dosierung und Atemreflex
Sauge ein wenig Luft durch leicht gespitzte Lippen ein und atme sie so langsam wie möglich auf ffff… aus. Wenn du ganz leergeatmet bist, halte das Gefühl des Vakuums, das sich einstellt, noch einen Moment aus und lassen dann Luft wie einen Reflex durch Mund und Nase einfallen. Das Aushalten der Luftleere provoziert eine schnelle Einatmung. Die wirst merken, wie sich die Bauchdecke von alleine nach außen wölbt, dafür deine Schultern aber fast unbeteiligt bleiben.
Achte besonders darauf, nicht mehr Luft einzuatmen, als dein Atemapparat sich nehmen möchte. Häufig atmen wir beim Singen zu viel ein und vertrauen nicht auf die Natürlichkeit unseres Atems. Dies blockiert die Tiefatmung.
Wichtig: Diese Übung dient der Wahrnehmung und dem Wecken der tiefen Atmung. Mache sie immer ein paar Mal hintereinander und beobachte, wie sich dein Atemapparat die Luft selbst nimmt. Bewerte nicht zu früh zu viel, die Tagesform spielt eine entscheidende Rolle für deine Konstitution, weshalb es hier eigentlich kein richtig und falsch gibt.
Übung 2 – Tiefatmung
Im Gegensatz zum Sprechen müssen wir uns beim Singen bewusst um eine tiefe Atmung bemühen. Stütze dafür die Hände in die Seiten, gerade unterhalb des Brustkorbs, und lass beim nächsten Einatmen die Luft dorthin fallen. Versuche nun beim Ausatmen die Öffnung des Rumpfes nicht zu verlieren – also willentlich offenzuhalten gegen die Ausatmung, die eigentlich den Oberkörper wie einen Ballon schrumpfen lässt. Es hilft, den Kontakt von Atem und Händen zu behalten und zu kontrollieren, ob die Flanken geöffnet an den Handinnenflächen bleiben – auch bei der Ausatmung. So kontrollierst du den Ausatemfluss und sorgst für eine bessere Dosierung des Ausatmens. Dies ist muskuläre Arbeit und erfordert etwas Training. Versuche immer nur so stark gegenzuhalten, dass der Atemreflex aus Übung 1 noch möglich bleibt.
Wichtig: Achte darauf, dass sich Brustkorb und Schultern nicht heben bei einer sängerischen Einatmung. Die hohe Atmung blockiert den Kehlkopf – probiere es aus, um dich selbst zu überzeugen!
Variante: Lege die Hände an deinen unteren Rücken neben die Wirbelsäule (mit den Fingerspitzen nach unten gerichtet, so hast du die größte Auflagefläche) und versuche statt der Flankenatmung in den unteren Rücken zu atmen. Genau wie die Flanken beim Ausatmen, also Singen aufgespannt bleiben, sollte die auch für den unteren Rücken gelten. Das ist für viele Sänger zu Anfang ein sehr neues Gefühl, wird sich aber nach und nach ausbilden und ist wesentlicher Bestandteil der Tiefatmung.
Übung 3 – Zwischenrippenmuskulatur
Verantwortlich für die Flexibilität und Bereitschaft der Atemmuskulatur ist nicht nur das Zwerchfell, sondern auch die Zwischenrippenmuskulatur, die für das Offenbleiben deines Brustkorbs zuständig ist. Um diese Muskulatur zu wecken, versuche zu Hecheln wie ein Hund, sodass sich Rippenbögen und die Bauchdecke mitbewegen. Vielleicht funktioniert es anfangs nur langsam, sei geduldig und bringe diese Muskulatur in Bewegung.
Wichtig: Hier gilt Gründlichkeit vor Geschwindigkeit! Falls du die Beweglichkeit nicht sofort spüren kannst, versuche über ein bewusstes Loslassen der Bauchdecke zu mehr Durchlässigkeit zu gelangen.
Tipp: Um besser hecheln zu können, kannst du die Backenzähne aufeinanderlegen (nicht zubeißen) und so die Nasenatmung aktivieren. So garantierst du, dass nicht zu viel Luft durch die Stimmlippen geblasen wird.
Variation:
Versuche das Hecheln auch mal mit einem kleinen Grunzen, so wie ein Affe es machen würde. Das fühlt sich wahrscheinlich zu Anfang sehr seltsam an, bringt aber deine Muskulatur zusätzlich auf Touren! Ganz wichtig, dass du auch versuchst, von den Rippen aus zu Grunzen, nicht nur vom Kehlkopf.
Abschluss:
Singen und vor allem Atmen ist Tagesform! Manchmal dauert es etwas länger als geplant, zu einer guten Verfassung zu finden. Investiere diese Zeit wenn es dein Probenplan erlaubt, deine Stimme und die deiner Chorsänger werden es dir danken!
von lulika - Lucia Ruf ("lu") und Angelika Hilbmann ("lika")
Ideen für ein Lied kommen und gehen im Alltag. Bei uns geschieht dies in den meisten Fällen über die Kinder oder Situationen, die wir gerade erlebt haben. Plötzlich erwischst du dich beim spontanen Singen einer Melodie oder du siehst etwas, das eine Idee für einen Liedtext liefert. Ideen haben wir viele, die Frage ist nur, was wir damit machen.
Wir – das sind übrigens Lucia und Angelika oder auch “lulika”. Wir lieben die Musik und die Arbeit mit Kindern. Beim Singen mit Kindern sind unsere eigenen Lieder entstanden, die wir nun selbst produzieren und unter dem Namen “lulika” veröffentlichen.
lulika (links: Angelika Hilbmann, rechts: Lucia Ruf)
Ob man beim Schreiben von Kinderliedern erst mit dem Text beginnt oder mit der Melodie, spielt keine Rolle. Aus einem Text, zum Beispiel einem Gedicht, kann ein Kinderlied werden und aus einer schönen Melodie (ohne Text) auch!
In vier Schritten zeigen wir euch, wie man ein Kinderlied selbst schreiben kann. Dabei nehmen wir euch mit in die Entstehungsgeschichten unserer eigenen Lieder. Zum Schluss skizzieren wir euch noch den Weg zur ersten Tonaufnahme.
Wir haben schon zu Beginn erzählt, wie bei uns Ideen entstehen. Bleibt diese kleine Idee einer Melodie oder eines Textes oder beides zusammen in unserem Kopf verankert, so beschäftigen wir uns intensiver mit dem Thema. Danach gilt es das Lied auszubauen und in eine Form zu bringen.
Aber was ist, wenn man gar keine Idee hat?
Die lässt sich trotzdem finden! Man kann Kinder fragen, zu welchem Thema sie sich etwas wünschen oder sich mal umsehen und umhören, worüber man ein Lied schreiben könnte. Die Idee kann auch sein, ein Tanzlied, Lernlied oder ein Lied über bestimmte Werte zu schreiben.
Ich, Angelika, habe mal ein Kind gefragt, über welches Tier es gerne ein Lied hätte. Der Wunsch war „Panda“. Über den Reim „Samba“ hatte ich schon zwei zu verknüpfende Themen. Als nächstes habe ich mir Informationen durch Brainstorming und Recherche verschafft. Schnell kam die Idee diesen Widerspruch des asiatischen Pandas und des südamerikanischen Sambas in ein „Gegensatz-Lied“ zu verpacken.
Über Brainstorming und Recherche können so einige Lieder entstehen.
Übrigens: Hier findet ihr das Lied "Der Panda Samba", damals noch nicht unter lulika, sondern unter Angelika Hilbmann als Einzelkünstlerlied veröffentlicht. Alle im Text aufgeführten Lied-Beispiele können übrigens angeklickt werden und führen euch direkt auf unsere Youtube-Videos.
Eine wichtige Grundlage für das Schreiben eines Kinderliedes ist natürlich der Text.
Recherche:
Haben wir eine Idee oder einen Text beginnt die Recherche. Wir befassen uns intensiver mit dem Thema und suchen dazu im Internet oder in Büchern nach brauchbaren Informationen, die wir gut in ein Lied für Kinder verpacken können.
Das Lied „Fledermäuse flattern nachts“ ist zum Beispiel im Urlaub entstanden, als die Fledermäuse über den Campingplatz geflogen sind und Lucia’s Sohn verraten hat, dass er für die Schule ein Referat über Fledermäuse erstellt hat. Die gesammelten Informationen von ihrem Sohn, konnte Lucia sofort zu einem Liedtext verwandeln.
Inhalt, Wortwahl und Wortanzahl:
Der Inhalt sollte kindgerecht sein und liefert bestenfalls ein Thema, das Kinder interessiert oder mit dem sie sich identifizieren können. Viele Inhalte bekommen wir sogar schon von Kindern geliefert.
Die Wortwahl und Wortanzahl können dabei an das Alter der Kinder angepasst werden. Kinder unter 3 Jahren haben einen geringeren Wortschatz als ältere Kinder. Das bezieht sich auf das Verstehen von Wörtern, aber auch auf das Artikulieren (sie können allerdings deutlich mehr Wörter verstehen als sprechen).
Wir haben einige Lieder über Tiere geschrieben. Dieses Thema interessiert Kinder, es ist offen wir für Fantasien und Spielereien und man kann es sehr gut mit weiteren Lernthemen verknüpfen (Jahreszeiten, Länder, etc.). Außerdem kommen in diesem Zusammenhang viele Wörter vor, die die Kinder entweder schon kennen oder, die ihren Wortschatz langsam erweitern.
„Ich will ne Biene sein“ behandelt die Krabbeltiere des Frühlings und ihre Fortbewegungsarten (fliegen, krabbeln, kriechen, schlurfen,…). Außerdem wird auch der Gegensatz klein-groß angesprochen und mit Bewegungen nachgeahmt.
Reime:
Besonders ansprechend für Kinder sind Texte, die sich reimen.
Dadurch tauchen immer wieder Wörter auf, die auch von 1-2-jährigen ausgesprochen werden können.
Wenn diese Wörter am Ende einer Zeile vorkommen, macht das für die kleineren Kinder besonders Spaß - nachdem sie die Zeile abgewartet haben - dieses eine Wort mitzusprechen oder mitzusingen.
In dem Lied „Kleiner Sonnenstrahl“ kommt am Ende jeder Zeile ein langer Ton mit der Endsilbe -al. Diese Silbe kann von Kindern schon früh artikuliert werden: „Sonnenstrahl“, „mal“, „genial“, „optimal“
Praxisbezug:
Ist der Text auch durch Bewegungen oder Tänze darstellbar, wird das Lied für Kinder noch interessanter und der Lerneffekt wird erhöht.
Wenn wir ein Lied schreiben, denken wir daran, wie es für Kinder umsetzbar sein könnte. Meistens entstehen schon beim Schreiben ganze Ideen für Tänze oder Bewegungen.
„Der Schatz“ ist entstanden, als wir nach einem spannenden Kreisspiel für Kinder gesucht haben. Erst war die Idee des Spieles da, dann haben wir es in ein Gedicht und zuletzt in ein Lied verwandelt. Der Liedtext erklärt gleichzeitig die Bewegungsabläufe und die Regeln des Spiels: „wandert gleich von Hand zu Hand“, „linse kurz hinein“, „bitte denk daran, ganz still und leis’ zu sein“
Entweder hast du schon eine Melodie oder du erfindest nun eine zum Text.
Wenige Töne nutzen:
Einfache, eingängige Melodien, die sogar zum Ohrwurm werden können, kannst du mit einem einfachen Trick erzeugen. Singe das Lied „Alle meine Entchen“ auf eine Silbe (z.B. „la“) und somit hast du schon 6 Töne gesungen, die für ein Kinderlied völlig ausreichend sind. Verändere die Reihenfolge der Töne, passe den Rhythmus und den Text an, wiederhole Töne, probiere einfach aus. Nach einigen (vielen oder wenigen) Versuchen wird man vielleicht eine Melodie finden, die gut klingt und auch passend zum Text ist.
Kinderlieder bedienen sich an einem Umfang von 8 Tönen, also innerhalb einer Oktave. Meistens sogar nur 5 oder 6 Töne. Hinzukommen einfachen Harmonien (Akkorde). Daher hat man oft das Gefühl, Kinderlieder klingen ähnlich.
„Die Eidechse Alexa“ besteht aus 6 Tönen. Schaut man sich die Töne an, fällt auf, dass die gleichen 4 Töne wiederholt werden. Trotzdem (oder gerade deswegen) ist es ein absoluter Ohrwurm und möchte immer wieder gesungen werden.
Harmonien und Instrumente als Hilfe:
Als Hilfestellung kann man sich auch ein Harmonie-Instrument (Gitarre, Klavier, Akkordeon,..) zur Seite nehmen und ein paar Akkorde spielen, die gut klingen und dazu eine Melodie kreieren.
Dabei kann man sich an den drei Grundharmonien bedienen z.B. C-Dur, F-Dur und G-Dur.
Oft ist es hilfreich sich Feedback von Dritten einzuholen. Andere Personen hören das Lied mit anderen Ohren.
Bevor unsere Lieder bereit für die Öffentlichkeit sind, sendet die jeweilige Komponistin (z.B. Lucia) eine Handyaufnahme des Liedes an Angelika und Stephen Janetzko (unseren Mentor). Das Feedback wird eingearbeitet und Schwups ist das Lied fertig.
„Die Eidechse Alexa“ war im ersten Versuch nur „Die Eidechse, Eidechse“.
Stephen hat eine - für das Lied maßgebliche - Idee gebracht: Die Eidechse braucht einen Namen mit ähnlichen Lauten. Und am Ende ist aus der Eidechse Alexa sogar das Maskottchen von lulika entstanden.
Nun geht es daran, eine erste Version des Kinderliedes aufzuschreiben. Beim Aufschreiben fallen eventuell noch einige Dinge auf, z.B. rhythmische Verwirrungen oder ein Melodieverlauf, der für Kinder zu schwer zum Nachsingen ist.
Die fertigen Noten werden nun an Angelika für den Feinschliff weitergereicht. Sie spielt verschiedene Instrumente ein und erfindet weitere Motive von Melodien dazu.
Das Tempo
Mit dem Tempo kann man den Charakter des Liedes unterstreichen. Allerdings sollte es für die Kinder nicht zu schnell sein, sondern in einem Tempo, das nachsingbar ist und ggfs. zum Tanzen oder Bewegen einlädt.
Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, das Tempo im Lied zu wechseln, indem es z.B. schneller wird. Dadurch wird das Singen und Tanzen herausfordernder, aber gerade das finden Kinder besonders lustig.
Aus Sicht des Arrangeurs ist es wichtig, dass das Tempo schnell gefunden ist, aber gleichzeitig mit Bedacht gewählt wird. Für den Arrangeur oder Produzenten ist es sehr ärgerlich, wenn die Instrumente eingespielt wurden und dann auffällt, dass das Tempo zu schnell oder zu langsam ist.
Das Arrangement
Das Arrangement ist die Interpretation des Liedes. Das heißt, mit Hilfe von musikalischen und technischen Gestaltungsmitteln entsteht aus einer Melodie und den Harmonien ein charakteristisches Lied und auch das Endprodukt, das z.B. im Radio oder eben auf einer Kinderlieder CD zu hören ist. Dabei werden verschiedene Instrumente und Melodiespiele verwendet.
Angelika, unsere Arrangeurin und Produzentin, erfindet dabei instrumentale Vorspiele, Zwischenspiele und Nachspiele.
„Die Fische“ haben erst zum Schluss noch einen charakteristischen Teil dazu bekommen. Das „lalala..“ sollte erst als Zwischenspiel dienen, hat sich dann aber als wirkungsvoller Refrain gezeigt.
Angelika überlegt dafür, welchen Charakter z.B. das Tier aus dem Lied hat und kombiniert es mit einem Instrument und einer neuen Melodie, die an diesen Charakter erinnern könnten.
So hat zum Beispiel „der Klapperstorch“ Klangstäbe und andere holzige Schlaginstrumente bekommen, „der Pinguin“ einen „Wah-wah“-Klang und die Hummel ("Ich will ne Biene sein“) ein Akkordeon, das uns an das Brummen der Hummel erinnert.
Manchmal springt sofort eine musikalische Vorstellung in den Kopf und das Arrangement ist innerhalb von 30 Minuten fertig. Zum Beispiel war das bei der „Eidechse Alexa“ so.
Andere Lieder brauchen viel Zeit und Geduld, bis gefunden wurde, was dazu passt. An manchen Liedern haben wir uns schon die Zähne ausgebissen, aber am Ende wurden es unsere Lieblingslieder.
Es kann auch vorkommen, dass wir beim Arrangement merken, dass es sich wie ein anderes Tier anhört und dazu noch ein Lied geschrieben wird oder auf ein schon bestehendes Lied angepasst wird. Unser Arrangement von „Der Klapperstorch“ hat sich am Ende doch als „Pinguin“ entpuppt und somit wurde „Der Pinguin hat heute schlechte Laune“ vor dem Klapperstorch fertig. Hier könnt ihr sehen, was letztendlich aus dem Klapperstorch geworden ist:
Der Gesang
Steht das Arrangement, wird darauf gesungen. Lucia ist dabei unsere Hauptstimme und bekommt eine zweite, dritte oder sogar vierte Stimme von Angelika als Begleitung dazu.
„Fledermäuse flattern nachts“ steigert sich in jedem Refrain mit einer weiteren Begleitstimme. Der letzte Refrain besteht aus einem 4-stimmigen tiefen Frauenchor. Das trägt dazu bei, dass der dämmerige Charakter des Liedes hervorgehoben wird und eine schläfrige Stimmung aufkommt.
Manchmal ist es auch so, dass das Arrangement noch nicht fertig ist, aber trotzdem schon der Gesang aufgenommen wird. Dann können Klänge, Melodien, weitere Instrumente und Geräusche um den Gesang herumgelegt werden.
Die gesamte Aufnahme bekommt nun noch einen letzten Schliff an Korrekturen und wird dann final abgemischt (Lautstärken werden angepasst und Effekte hinzugefügt, z.B. einen Hall auf die Stimme).
„Die Fische“ haben zu einem eher ‚spartanischen‘ Arrangement erst den Gesang bekommen. Nachdem Lucia die Melodie eingesungen hatte, wurden Wassergeräusche (blubbern), hektisches Fischschwimmen (synthetische Streicher) und stropheneigene Motive hinzugefügt.
Übrigens:
Bis das Lied und die Aufnahmen ganz fertig sind, werden so einige mp3-Dateien verschickt, angehört, kritisiert, sowie Zeilen hinzugefügt, rausgeschnitten und verbessert. Von dem ersten aufgenommenen Entwurf zur Aufnahme, die veröffentlicht wird, kann auch noch mal eine Woche vergehen.
Einige Lieder haben sogar verschiedene Arrangements verpasst bekommen, bis das endgültige Arrangement feststand und veröffentlicht wurde.
Abschluss:
Wichtig ist vor allem, sich zu trauen, das Kinderlied überhaupt zu veröffentlichen. Absolute Sicherheit, dass ein Arrangement gut ankommt, hat man nie. Das entscheiden am Ende nämlich nicht wir, sondern natürlich die Kinder ;-)
Wir hoffen, wir konnten euch ein paar gute Tipps geben und euch ermutigen, selbst tätig zu werden und ein Kinderlied zu schreiben. So lernt man ohnehin am meisten.
Solltet ihr Fragen oder Anregungen haben, schreibt diese in die Kommentare oder nehmt gerne auch direkt Kontakt mit uns auf (Info@lulika.de).
Wir würden uns außerdem sehr freuen, wenn ihr uns auf unseren Kanälen folgen würdet:
- Spotify
- i-tunes
- Unsere CD “lulika - Wir sind da!”
- Liederbuch zum Album “lulika - Wir sind da! Kinderlieder mit Lucia und Angelika”
]]>von Alexandra Körner, Geigenbauerin und Betriebswirtin
Viele Musiker möchten die Sauberkeit und den Glanz ihres Streichinstrumentes, nachdem sie es bei uns in der Geigenbau-Werkstatt Körner zur Restauration wieder abgeholt haben, so lange wie möglich erhalten. Daher werde ich häufig gefragt, was man tun könne, um dies zu erreichen. Sehr oft wird dann vom Musiker in den Raum geworfen, dass es ja Reinigungs– und Poliermittel gäbe, auch Mikrofasertücher sind ein fester Bestandteil dieser Unterhaltungen. In diesem Artikel möchte ich die wichtigsten DOs und DON’Ts der Streichinstrument-Pflege zusammenfassen und Sie insbesondere davor schützen, Ihr Instrument nachhaltig zu beschädigen.
Violinen, Bratschen und Celli sind sehr filigrane und sensible Streichinstrumente, bei denen die Holzstärke in einigen Bereichen des Korpus nur wenige Millimeter beträgt und somit sehr empfindlich ist. Da insbesondere die antiken Streichinstrumente als Wertanlage gesehen werden, ist neben einem vorsichtigen Umgang auch eine regelmäßige Pflege für den genannten Werterhalt/Wertsteigerung Voraussetzung. Durch den Gebrauch eines Instrumentes ist es vielen Einwirkungen ausgesetzt, die (auch minimale) Beschädigungen hervorrufen können. Hierzu zählen: Kolophonium, Schweiß und Speicheltropfen.
Durch die Verwendung von Kolophonium für die Bogenhaare kann sich dieses auf dem empfindlichen Lack des Instruments ablagern. Bleibt das Kolophonium zu lange auf dem Instrument haften, kann dies den Lack beschädigen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Schweiß und Speichel. Durch den nahen Körperkontakt zum Instrument während des Spielens, gelangen sehr oft Schweiß- wie aber auch Speicheltropfen auf das Instrument. Auch in diesem Fall verursacht ein zu langes Verweilen dieser auf dem Instrumentenlack Schäden.
Doch wie kann man dies verhindern?
Ich empfehle das Streichinstrument nach jeder Benutzung mit einem Tuch zu reinigen. Hierzu ist ein Tuch aus Baumwolle geeignet. Durch vorsichtiges Wischen können Staub und Speichel vom Instrument entfernt werden. Das Gleiche gilt für den Bogen, auch hier lagert sich der Kolophoniumstaub auf der Bogenstange ab. Daher sollte dieser ebenfalls nach jedem Spielen mit einem Baumwolltuch entfernt werden. Ein Baumwolltuch kann in der Waschmaschine gewaschen werden und somit öfter verwendet werden.
Viele Musiker suchen unser Atelier auf, da der Glanz Ihres Instruments stumpf / blind geworden ist, sie sich dies jedoch nicht erklären können, da sie ihr Instrument nach jedem Gebrauch putzen.
Bestimmte Reinigungsmittel und –tücher hinterlassen bestimmte, wiedererkennbare Spuren, die es mir vereinfachen, dem Kunden den genauen Grund für die Veränderungen an seinem Instrument zu erklären.
Durch den hohen Härtegrad des Materials des Mikrofasertuchs entstehen beim Reiben auf empfindlichen oder weichen Oberflächen - wie der einer Geige - kleine Schleifspuren bzw. Kratzer. Die Folge: Der Lack wirkt stumpf / blind. Schmutzpartikel, die vom Tuch erfasst wurden und sich zwischen den Fasern befinden, können den Abriebeffekt sogar noch erhöhen.
Hier ein Beispiel dafür, wie eine Geige nach dem Reinigen mit einem Baumwolltuch (links) und mit einem Mikrofasertuch (rechts) aussieht. Man erkennt die typische, vom Mikrofasertuch herrührende „Verkrustung“ des Lackes im Bereich, der vom Kolophoniumstaub bedeckt und mit dem vermeintlichen Putztuch in den Lack hineingerieben wurde. Die Geige, die mit dem Baumwolltuch gereinigt wurde, erstrahlt dagegen noch in altem Glanz.
Ebenfalls können Reinigungs- und Poliermittel den Lack anlösen und weichmachen, was zu einer höheren Anfälligkeit für Beschädigungen führt. Somit können Staub und Schmutz sich leichter mit dem Lack verbinden und Speicheltropfen tiefer einsickern. Diese Beschädigungen im Nachhinein von einem Geigenbauer entfernen zu lassen, ist sehr aufwendig, da je nach Schweregrad nicht nur die alte Politur abgetragen, sondern auch der eingetrocknete Kolophoniumstaub aus dem Lack herausgeschliffen werden muss. Dies geht meist mit einem Lackverlust einher, was dazu führt, dass dann wieder neuer Lack aufgetragen werden muss.
Andere Reinigungsmittel können Silikonöle oder Wachse enthalten, auch dies kann Schäden am Lack verursachen. Da bei den meisten Reinigungsmitteln nicht detailliert beschrieben steht, welche Inhaltsstoffe jene enthalten, kann es nach Anwendung zu den oben genannten unschönen Überraschungen kommen.
Auch ist die Verwendung von Saitenreinigungsmittel gleichermaßen für den Lack schädlich. Tropfen, die auf die Decke kommen, können den Lack beschädigen. Des Weiteren können diese Reinigungsmittel auch die Saiten selbst angreifen und dafür sorgen, dass sie weniger lange haltbar sind.
Auf diesem Foto sieht man ein klassisches Beispiel eines Lackschadens durch ein handelsübliches Reinigungsmittel für die Saiten eines Streichinstrumentes.
Ein weiteres durchaus unterschätztes Problem besteht darin, dass die meisten Reinigungsmittel Öle enthalten können. Diese Öle können in offene Stellen des Instruments eindringen, beispielsweise in kleine Risse, die nicht mit Lack bedeckt sind oder in Leimfugen. Diese Holzpartien saugen sich dann mit dem Öl voll, wodurch eine spätere Reparatur fast unmöglich ist. Die benannten Bereiche lassen sich nach einer Ölbehandlung nicht mehr ohne weiteres leimen, da das Holz sich nun nicht mehr richtig mit dem Leim verbinden kann. Öl beeinflusst einerseits das Aussehen von Holz. Die blanke Holzstelle, die sich nun mit Öl aufgesogen hat, wird nach einer Retusche immer sichtbar sein, da sich nicht nur der Farbton des Holzes, sondern auch die natürliche Reflexion verändert hat. Ebenfalls beeinflusst Öl auch die Schwingungseigenschaften des Holzes, die so wichtig für die Klangerzeugung sind.
Mein persönlicher Ratschlag für alle Musiker und Instrumentenliebhaber, die ihr Instrument pflegen möchten:
Das Instrument einmal im Jahr zum Geigenbauer Ihres Vertrauens geben, um jenes dort professionell und lackschonend von innen, wie auch von außen reinigen lassen. Ansonsten: Weniger ist mehr - Um den Glanz und die Sauberkeit Ihres Instruments so lange wie möglich zu erhalten, nach jedem Gebrauch das Instrument und dessen Zubehör mit einem Tuch aus 100% Baumwolle reinigen. Mit diesem simplen Trick erhalten Sie die Sauberkeit, pflegen Ihr Instrument ohne es zu beschädigen und werden lange Freude an Aussehen und Klang haben.
Alexandra Körner (Geigenbauerin / Betriebswirtin)
Weihergarten 11
55116 Mainz
Tel.: 06131 235699
Website: www.geigenbau-koerner.de
]]>Teil 1 unserer Serie mit Tenor Maximilian Vogler
Als freischaffender klassischer Sänger lerne ich bei Konzertprojekten viele verschiedene Chöre und Ensembles kennen. Wenn ich als Solist engagiert bin, kommt es häufig vor, dass der Chor zu Beginn der Haupt- oder Generalprobe vom Chorleiter oder Stimmbildner eingesungen wird. Schnell fällt auf, wie stark Niveau und Genauigkeit des Einsingens variieren. Manchmal handelt es sich um eine vorbereitete, teils sogar verschriftlichte Abfolge von Übungen, manchmal wirkt es eher wie eine einstudierte Choreographie, die der Chor schon viele Male identisch absolviert hat.
Selten habe ich das Gefühl, dass dabei eine tatsächliche Interaktion zwischen Leiter*in und Chor stattfindet und auf das gerade Gehörte individuell eingegangen, mit anderen Worten Stimmbildung betrieben wird. Besonders am Konzerttag höre ich oft, wie noch einmal alle schwierigen Stellen vorab durchgesungen werden, wo doch die Zeit für eine gemeinsame körperliche und klangliche Konzentration viel besser genutzt werden könnte. Wenn schwierigen Stellen eine halbe Stunde vor dem Konzert nicht klappen, werden sie nämlich selten im Konzert wie von Wunderhand gelingen.
Maximilian Vogler, Foto: Benjamin Hofer
Singen wird oft mit Hochleistungssport verglichen – zu Recht! Ebenso wie Sportler müssen Sänger trainieren, Pausen einlegen und die Bestleistung auf einen bestimmten Zeitpunkt abliefern können.
Einsingen soll zum Ziel haben, die Stimmen aufzuwärmen, aber auf keinen Fall zu überlasten. Auf zu schnelles Aufsteigen in hohe Tonlagen sollte deshalb verzichtet werden! Sportler beginnen ja auch nicht mit der größten Anstrengung.
Gib deinem Chor deshalb immer die Möglichkeit, die Atemunterstützung aufzuwärmen, eine gute Haltung einzunehmen und somit die Kehle nachhaltig zu entlasten! Der Sing-Anteil eines Einsingens ist meiner Meinung nach häufig zu groß. Der ganze Körper muss tönen können, nicht nur die Stimmlippen.
Wie lange dein Einsingen dauert, hängt natürlich von diversen Faktoren ab. Grundsätzlich solltest du mindestens die Hälfte der Zeit für Körperwahrnehmung, Haltung und Atmung verwenden, da du so sicherstellen kannst, dass dein Chor fit ist, um einen langen Probentag, eine späte Abendprobe oder eben ein Konzert körperlich zu bewältigen.
In der zweiten Hälfte kannst du den Chor dann singen lassen, versuche aber immer die Verbindung zum ersten Teil zu bewahren und genau zu hören, ob die Sänger*innen mit dem ganzen Körper singen. Obwohl es vielleicht mühsam und zeitaufwendig erscheint, immer wieder an richtige Einatmung und Haltung zu erinnern, wirst du so garantiert langfristig Zeit sparen. Nur so trainiert dein Chor die gesamte Sängermuskulatur und jeder Sänger lernt in Selbstkontrolle dazu.
Meine Artikel-Reihe möchte für ein körperliches Warm-Up werben und verzichtet deshalb auf Einsingübungen im traditionellen Sinne. Vielmehr soll anhand einfacher, aber wirkungsvoller Übungen Handwerkszeug geliefert werden, wie du deinen Chor zu einer Körperlichkeit führst, die freies Singen erleichtern wird!
Der erste Teil unserer Reihe widmet sich dem Thema Haltung.
Chorsänger müssen am Proben- oder Konzerttag oft einige Stunden stehend zubringen. Es lohnt sich also von Beginn an auf eine gute Haltung zu achten und nicht zu warten, bis den Ersten bereits der Rücken schmerzt. Grundsätzlich wichtig ist, dass die Knie locker und nicht durchgedrückt sind und der Rücken des Sängers kein Hohlkreuz bildet. Nachfolgend sind zwei Übungen beschrieben, die leicht zu einer guten Haltung im Sitzen und Stehen führen.
Am besten für eine gute Sitzposition eignen sich Stühle ohne die weit verbreitete „Sitzkuhle“. Diese mag zwar vordergründig entlasten, sorgt aber langfristig dafür, dass dein unterer Rücken und deine Sitzhöcker ihrer eigentlichen Funktion beraubt werden und somit auch Nacken und Schultern in Mitleidenschaft gezogen werden. Falls keine Stühle mit gerader Sitzfläche zur Verfügung stehen, kannst du alternativ auch auf die vordere Stuhlkante sitzen, dort gibt es eigentlich immer eine gerade Fläche. Dein Einsingen kann immer so oder ähnlich beginnen!
Übung 1 – Singen im Sitzen
Suche den Kontakt mit den beiden knöchernen Sitzhöckern auf der Sitzfläche und versuche dich von dort aus im Rücken aufzurichten. Lass deinen Kopf langsam in Richtung deines Brustbeins sinken. (Wenn du die Übung langsam genug machst, wirst du schon hier eine Dehnung im unteren Rücken spüren.) Rolle nun die Wirbelsäule Wirbel für Wirbel weiter nach unten ab, bis dein Oberkörper auf deinen Oberschenkeln ankommt; die Arme hängen an den Seiten. Spüre die Dehnung im unteren Rücken und verweile einen Moment.
Kehre dann die Bewegung um und rolle dich so langsam es geht wieder nach oben. Rolle die Schultern bewusst nach hinten, wenn du dort angelangt bist. Zuletzt setzt du den Kopf oben auf die Wirbelsäule. Spüre nun, wie gut du deine Sitzhöcker und den Kontakt zur Sitzfläche und gleichzeitig das Aufwärtsstreben der Wirbelsäule wahrnimmst.
Wichtig: Die Atmung sollte zu jeder Zeit in Ruhe fließen dürfen.
Diese Übung kannst du nach Zeit und Lust zwei bis drei Mal wiederholen und auch beliebig in einer Probenpause einfügen. Sie erdet und regeneriert gleichermaßen.
Variation:
Sobald du den Ablauf der Übung kennst, kannst du beginnen dich mehr auf deine Atmung zu konzentrieren. Spüre, wie der Atem den unteren Rücken zu öffnen beginnt, während du langsam nach unten rollst. Verharre länger in der unteren Position und atme absichtlich tief in Richtung der Lendenwirbelsäule. Der Kontakt zum Stuhl und der geöffnete Rücken lassen dich die tiefe Rückenatmung genau spüren.
Richtiges Stehen ist nach meiner Erfahrung noch schwieriger zu erreichen als aufrechtes Sitzen. Sich abzurollen wie im Sitzen hilft natürlich dem aufrechten Stand, ist aber nicht genauso zuverlässig. Vor allem die Inkorporation der Notenmappe in den aufrechten Stand des Chorsängers scheint mir unerlässlich. Um Schultern und Nacken vom Tragen des Kopfes und der Notenmappe zu befreien, muss – ähnlich wie im Sitzen – der untere Rücken aktiviert werden.
Übung 2 – Singen im Stehen
Stelle dich mit einer Unterarmlänge Abstand vor einer freien Wand auf. Achte darauf, dass deine Füße etwa schulterbreit auseinander stehen. Hebe nun die Oberarme auf einen 90° Winkel vor die Schultern und klappe die Unterarme um 90° nach oben, wobei du die Hände zu zwei leichten Fäusten formst. Deine Unterarme sind nun also parallel zu deinem Brustkorb vor deinem Gesicht.
Lass dich nun - die gehobenen Unterarme voraus – sanft gegen die Wand fallen. Die Ellenbogen dürfen etwas nachgeben, um dein Gewicht aufzufangen. Achte darauf, dass deine Fersen am Boden bleiben und dein Rücken lang ist (der Bauch nicht nach vorne durchhängt). Es stellt sich eine leichte Spannung im unteren Rücken und Bauch ein – das ist gut so! Ein gesundes Maß an Körperspannung ist essenziell fürs Singen. Verweile einen Moment und versuche dein ganzes Körpergewicht in die Wand abzugeben.
Wenn du das Gefühl hast, überflüssige Körperspannung in die Wand abgegeben zu haben, drücke dich langsam zurück in den aufrechten Stand. Achte besonders auf den Moment, wenn deine Knie dein Gewicht übernehmen wollen und versuche stattdessen, deinen unteren Rücken in einer gesunden Grundspannung zu behalten.
Versuche nun – geführt vom „Kraftzentrum“ unterer Rücken – die Hände in die Position für die Notenmappe zu bringen und spüre, wie die Schultern entlastet sind.
Wichtig: Gute Körperspannung wird nicht durch Anspannen der Muskulatur erzeugt, sondern durch leichten Widerstand in Verbindung mit dem eigenen Körpergewicht – in diesem Fall das Lehnen an die Wand.
Variation:
Ähnlich wie in Übung 1 kannst du auch hier die tiefe Atmung mit einbinden. Dazu lässt du den Atem durch den geöffneten Mund einfallen, während du dich gegen die Wand fallen lässt. Spüre wie tief der Atem sich seinen Weg bahnt. Versuche nicht zusätzlich mehr Luft einzuatmen als von selbst einfällt. Achte stattdessen darauf, die Luft sparsam aber gleichmäßig beim Wegdrücken von der Wand wieder auszuatmen. Lasse dich dann erneut fallen. Durch die Verbindung zu deinem Körpergewicht macht diese Übung die reflektorische Atmung besonders gut spürbar. Die Übung kannst du so oft wiederholen, wie du möchtest. Wichtig ist die Erkenntnis, dass zum Singen oft weniger Luft ausreicht, als man annimmt. Auf die Dosierung kommt es an! Mehr dazu im nächsten Artikel, der sich dem Thema Atem und Stütze widmet.
Abschluss:
Gängige Übungen wie Arme nach oben strecken, Körper abklopfen und Dehnübungen sind selbstverständlich immer gut! Es lohnt sich trotzdem beim Warm-Up einen Moment der Konzentration auf gute Haltung zu verwenden. Dies kann auch jederzeit während eines langen Sing-Tages geschehen und wird die Sänger immer ein Stück zu sich selbst und ihrer tiefen Atmung zurückbringen und somit der Stimme guttun.
Ausblick:
Ich hoffe, ich konnte dir in diesem ersten Artikel Rund um das Thema Einsingen einige Anregungen geben und dafür motivieren, großen Wert auf die Haltung deiner Sänger*innen zu legen. Der nächste Artikel behandelt mit dem Thema Atem und Stütze, einen nicht minder wichtigen Teil eines guten Einsingens.
Und nun viel Freude beim Experimentieren!
PS: Solltest du Fragen zu den Übungen oder weitere Anregungen haben, schreib diese gerne in die Kommentare.
von Robin Maisch, Musiker und Informatiker
Die Einschränkungen im Zuge der Corona-Krise haben die Arbeit von Gesangs- und Musikvereinen zum Erliegen gebracht: Seit Monaten sind Zusammenkünfte in den Größenordnungen üblicher Musikgruppen in allen Bundesländern untersagt. Um ein Stück Normalität wiederzugewinnen und den hart erarbeiteten Probenfortschritt nicht zu verlieren, versuchen sich manche Gruppen mit Proben durch Videokonferenzen zu behelfen, doch die Latenz zwischen den Endgeräten lässt synchrones Musizieren nicht zu. Ein Hackathon-Projekt aus Deutschland und der Schweiz arbeitet hierzu an einer Lösung.
Die Kulturszene ist von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hart getroffen. Immerhin: In fast allen Bundesländern sind Ausstellungen in Museen und Galerien wieder geöffnet (Stand: 16. Mai). Veranstaltungen vor Publikum dagegen sind als "Großveranstaltungen" grundsätzlich verboten, in Theatern und Kinos nur in wenigen Bundesländern und in stark eingeschränkter Form möglich.
Professionelle sowie passionierte Amateurmusiker haben neben den finanziellen Einbußen einen wichtigen Teil ihres Alltags verloren. Einige trotzen der Krise und begeistern mit Aufnahmen, die aus Einzelvideos zusammengeschnitten werden. Andere treffen sich in Videokonferenzen zu Proben, in denen aber nur der Gruppenleiter zu hören ist. Es täuscht dennoch nichts darüber hinweg: Sänger und Musiker bleiben isoliert.
Die technische Hürde, die synchronem Online-Proben im Weg steht, ist die Verzögerung zwischen der Aufzeichnung des Tonsignals eines Teilnehmers bis zur Wiedergabe bei den anderen Teilnehmern, die Latenz. Sie ist bedingt durch die Signalverarbeitung an beiden Rechnern, die Dauer der Übertragung sowie die Größe des Audiopuffers, der ungleichmäßige Übertragungsgeschwindigkeiten ausgleichen soll. Die Latenz sorgt dafür, dass Musiker in Videoanrufen nicht nach Gehör zusammen spielen können: Bis ein Teilnehmer A hören kann, dass ein anderer Teilnehmer B eingesetzt hat, und selbst einsetzt, ist mitunter bereits eine halbe Sekunde vergangen. Mit der doppelten Verzögerung hört Teilnehmer B dann den Einsatz von Teilnehmer A. Ein weiterer zentraler Faktor ist die Audiokompression: Das Signal wird so verarbeitet, dass es menschliche Sprache bei deutlich reduzierten Datenraten übertragen kann, ohne dass Verständlichkeit und Natürlichkeit stark darunter leiden. Sie macht es den Videotelefonie-Anbietern erst möglich, ihren Dienst Millionen Menschen gleichzeitig anzubieten. Eine häufig verwendete Datenrate ist 16 Kilohertz, wodurch Frequenzen bis acht Kilohertz übertragen werden können. Das deckt die Obertonfrequenzen der meisten Männerstimmen ab, die hoher Frauenstimmen (bis etwa 17 Kilohertz) jedoch nur unzureichend. Für die Wiedergabe von Klängen vieler Instrumente ist eine derart komprimierende, auf menschliche Stimme ausgelegte Verarbeitung völlig ungeeignet.
Die Spektralanalyse einer Aufzeichnung einer Video-Konferenz zeigt keine Frequenzen über acht Kilohertz. Das deutet auf eine Übertragungsrate von 16 Kilohertz hin, die für Online-Musikproben völlig ungeeignet ist.
Ein Crowdfunding-Projekt des Instituts für kulturelle Forschung Berlin (!KF), das beim Hackathon #versusvirus Anfang April 2020 vorgestellt wurde, möchte online musikalischen Live-Genuss und Zusammenarbeit von Musikern ohne wahrnehmbare Latenzen ermöglichen. Digital Stage, "die digitale Bühne für Kunst-, Musik- und Theaterensembles" setzt dafür auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und die Optimierung jedes einzelnen Signalverarbeitungsschritts bei hochwertiger Audioqualität. Die Rolle des Zentralrechners übernimmt also der Computer eines Teilnehmers, der eine Serveranwendung ausführt, statt etwa einem Server in Amerika, was wertvolle Übertragungszeit spart. Die digitale Bühne soll nach ihrer Veröffentlichung für nichtgewerbliche Zwecke kostenfrei zur Verfügung stehen und zunächst bis zu zehn, später bis zu 20 Mitwirkende unterstützen.
Digital Stage from Fachwerk on Vimeo.
Die Digital Stage soll in drei Versionen angeboten werden, die alle miteinander kompatibel sein werden: einer Browserversion, einer Softwareversion und einer Hardwareversion. Alle Versionen haben gemeinsam, dass sie nur über LAN-Verbindungen funktionieren. Mit Verbindungen über WLAN oder mobiles Internet kann die Digital Stage nicht betrieben werden.
Die Browserversion kommt ohne weitere Voraussetzungen aus und wird auf eine Latenz von höchstens 500 Millisekunden ausgelegt, ein Prototyp für probeweisen Betrieb ist auf der Entwicklungsplattform GitHub frei verfügbar. Für die Softwareversion ist eine externe Soundkarte Voraussetzung. Außerdem muss ein Programm und ein spezieller Treiber installiert werden, so sollen Latenzen im Bereich von 50 Millisekunden erreicht werden. Die Hardwareversion "Soundjack Box" kommt als fertiges Gerät daher, das zum Vorverkaufspreis bis zum 31. Mai 2020 für 249 Euro erhältlich ist. Die Box wird mit der mitgelieferten externen USB-Soundkarte, einem Tonsignal z.B. von einem Mikrofon und einem LAN-Kabel verbunden und ist über browserfähige Geräte steuerbar. Das optimierte Zusammenspiel der Soundjack-Software und des integrierten Computers ermöglicht laut dem Entwicklungsteam eine Latenz von 30 Millisekunden. Auf der Webseite https://digital-stage.org/ können angemeldete Nutzer bereits jetzt ihre Probe oder ihren Auftritt streamen oder sich mit anderen Musikern zu Jam-Sessions zusammenschalten.
Zahlreiche europäische Verbände und Institutionen unterstützen die Verwirklichung der Digital Stage, zudem läuft eine Crowdfunding-Kampagne. Die fertigen Versionen sollen spezielle Funktionen für Online-Auftritte wie Live-Abmischung, Zusammenfassung von Teilnehmern in Stimmgruppen und Streaming auf Videoplattformen und in sozialen Medien enthalten. Für die Weiterentwicklung ist zudem die Integration in 3D-Audio- und VR-Anwendungen geplant. Welche Latenz im Betrieb schlussendlich erreicht wird, hängt stark von der räumlichen Nähe der Nutzer ab. Ideale Bedingungen können die Musiker schaffen, wenn sie sich in demselben Netzwerk befinden, zum Beispiel in verschiedenen Zimmern eines Gebäudes, oder verteilten Rechnern auf einem Universitätscampus.
Für die Amateurmusikszene könnte es die Digital Stage ermöglichen, je nach Gruppengröße den regulären Probenbetrieb ganzer Ensemble oder immerhin einer oder mehrerer Stimmgruppen gleichzeitig wieder aufzunehmen. Auch für Instrumental- oder Gesangsunterricht jeden Niveaus wäre eine verzögerungsfreie Videokonferenz geeignet - die technische Ausstattung vorausgesetzt. Wenn es den Entwicklern gelingt, die Einrichtung für die Nutzer intuitiv zu gestalten, bekommen wir durch synchrone Proben vielleicht ein Stück Alltag zurück und dürfen uns auf ambitionierte Projekte freuen.
In Sammelbezeichnungen wie "Sänger" und "Musiker" sind Personen jeglichen Geschlechts gleichermaßen gemeint. Sie dienen der besseren Lesbarkeit.
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